Vergleich BMW R1200GS Schwerpunkt und Kardan

  • #1

    Hallo an alle (ehemaligen?) BMW-Fahrer:


    Ich bin am Wochenende zum ersten mal den CT Probe gefahren wie auch die GS. Ich bräuchte mal die praktische Erfahrung von BMW-Fahrern in Bezug auf folgende Punkte:


    1. Schwerpunkt
    Hinweise in diesem Forum sprechen vom tief liegenden Schwerpunkt der CT, aber es gibt keinen Vergleich mit der GS. In der allgemeinen Diskussion wird sehr oft als Vorzug der GS angeführt, dass sie bei Kurvenfahrten aufgrund des tieferen Schwerpunktes viel handlicher und besser sei als alle Konkurrenten. Dies liege vor allem an dem tieferen Schwerpunkt des Boxermotors. Meine Frage:
    a) Stimmt das physikalisch (theoretisch stimmt es ja, weil einfach mehr Masse näher am Boden ist) im Vergleich beider Maschinen wirklich?
    b) Ist in der Praxisrealität beim Kurvenfahren wirklich ein signifikanter Unterschied zu verspüren? Ich selber konnte das bei meinen Probefahrten nicht rausbekommen (bisher bin ich im wesentlichen CBF-Fahrer)


    2. Kardan
    Im Forum spricht mancher von der fehlenden Momentenabstützung der CT. Auch in manchem Test wird dies erwähnt. Bei meiner Testfahrt konnte ich hin und wieder ein "Aufbäumen" oder "Hochgehen" der CT beobachten. Ich weiß aber nicht, ob das von meinem Fahrstil her kommt (relativ "nervös"). Da ich aber auch kein GS Kenner bin, dort habe ich es nicht so verspürt, ist meine Frage auch hier: Stimmt das in der Praxis wirklich?


    Wie gesagt: Ich wende mich an Leute, die mit beiden Maschinen viele Erfahrungen in der Praxis (bloß keine Theorie!!!) gesammelt haben.

  • #2

    Hallo


    Ich hatte bis dato 3 GS, eine Adventure davon, gesamt um die 80000km.


    Die GS ist erst mal ein paar Kilo leichter. Der Boxermotor liegt zudem sehr tief.
    Ich kann nur sagen, das die GS handlicher ist als der CT. Je enger, desto größer der Vorteil der GS.


    Ich würde sagen, das der CT von der Handlichkeit zwischen GS und der GS Adventure ist. Wer anders behauptet ist noch keine GS gefahren.


    Zum Kardan kann ich keinen Unterschied feststellen, außer das die Lastwechsel der CT etwas intensiver, bzw. lauter sind.


    Hoffe Geholfen zu haben.


    Gruß Christian

  • #3

    1
    Da spielen zwei grundsätzliche Faktoren ein Rolle.


    Der Schwerpunkt beim Boxermotor liegt naturbedingt ETWAS tiefer. Er liegt aber nicht soooo tief wie es das Motorprinzip zulassen würde, das sonst die Zylinder in Schräglage früh aufsetzen würden.


    Und es ist die "Drehrichtung" der Kurbelwelle. Im Boxer liegt die Kurbelwelle LÄNGS im Motorrad, im Crossi und bei den meisten Reihenmotoren liegt sie QUER.


    Bei der querliegenden Kurbelwelle kommen Kreiselkräfte hinzu, die dazu führen, dass auf Grund dieser Kreisellräfte sich das Motorrad "geradeaus" stabilisieren möchte und sich nicht ganz so flott "umlegen" lässt. Bei der längsliegenden Kurbelwelle im Boxer (aber auch z. B. in der PanEuropean) fehlen die stabilisierenden "Geradeaus-Kreiselkräfte". Dafür hat man bei kurzen Gasstößen immer das Kippmoment. Steht man z. B. an der Ampel und zuckt mit der Gashand, kippt der Boxer immer nach rechts. Ähnlich hat's auch die Pan gemacht. Und das hat man auch während der Fahrt!


    Das ist aber alles nur grundsätzlich. Denn der Konstrukteur kann durch verschiedene Maßnahmen den Schwerpunkt trozdem verhältnismäßig tief halten, in dem z. B. der Tank entsprechend geformt und tief eingebaut wird, die Lima und Batterie tief liegen usw. usw.


    Die Kräfte durch die rotierende Kurbelwelle können z. B. durch gegenläufige Lima oder Ausgleichswellen halbwegs kompensiert werden.



    2
    Das Auftstellmoment des Kardans wird bei den (neueren) Boxern ganz gut eliminiert. Man darf aber nicht verallgemeinern, weil dabei auch die Länge des Kardans eine Rolle spielt. Daher kann es auch ohne Momentabstützung ganz gut finktionieren, wie z. B. bei der alten Pan, der 1200er Tenere und wie ich finde auch beim Crossi.


    Je nach Gesamtkonzept des Kardans kann sich der Hintern mehr oder weniger ausgeprägt beim Gasgeben etwas anheben. Für Kardananfänger ist der sogenannte Schaukestuhleffekt etwas irritierend, nach ein paar Kilometern achtet man nicht mehr drauf.


    Ganz im Gegenteil, er kann sogar nützlich sein! Die alten Boxerfahrer entwickelten daraus eine wahre Kunst im Kurvenfahren, in dem sie relativ langsam in die Kurve einfuhren und dann recht "deutlich" Gas gaben. Dadurch kam der Boxer mit dem Arsch hoch und gleichzeitig stieg die Schräglagengrenze.


    Hat man diesen Stil verinnerlicht, ist man unglaublich flüssig und auch schnell unterwegs. Ich habe diesen Stil 1:1 von der 1150 GS (die trotz Momentabstützung immer noch leicht den Hintern hob) auf den Crossi übertragen und merke den Kardan überhaupt nicht mehr. Eigentlich schon seit über 20 Jahren nicht mehr... :lol:



    Die Beurteilung der Fahrdynamik eines Motorrades sollte nicht nur auf den (tiefen) Schwerpunkt gelegt werden. Denn es zählen auch das Gesamtgewicht und natürlich die gesamte Rahmengeometrie eine ganz wesentliche Rolle.

  • #4

    Hallo,


    als ehemaliger GS Fahrer (R 1200 GS Bj. 2005) und nun CT Fahrer möchte ich auch meinen Senf dazu geben.


    Mit dem Fahrstuhleffekt habe ich keine Probleme beim CT bemerkt. Man kann das aber sicher Simulieren indem man extreme Lastwechsel Provoziert. Ansonsten ist es zumindest nicht das Thema was in den "Fach"Zeitschriften daraus gemacht wird. Dort fahren sicher Leute die so was ständig an der Grenze bewegen.


    Zum Handlichen: Die CT ist ein rechter Brocken wenn man nur das Gewicht betrachtet. Das stört sicher beim Rangieren etwas, vor allem wenn man etwas kleiner ist. Rollt die Fuhre erst mal läuft sie wie auf Schienen. Ich muß sagen ich hatte noch nie ein so Spurtreues Motorrad. Mit den Bridgestone Reifen zumindest fällt sie in die Kurve wie ein Klappmesser. Von den "klaren Ansagen" die sie angeblich braucht (Test Motorrad) kann ich nicht Berichten. Selten habe ich ein so ein gutmütiges einfach zu beherrschendes Motorrad gefahren.


    Besonders wenn man in der kurve abrupt Gas wegnimmt oder gibt bewegt sich beim CT nichts.
    Da wurde meine GS viel nervöser. Und genau hier kommen die von Norbert beschriebenen Kreiselkräfte ins Spiel. Die sind bei der GS für mich durch den Längs eingebauten Motor immer sehr Störend gewesen. Aber das mögen andere nicht so sehen.


    Also ich muß als ehemaliger GS Fahrer sagen: Der CT ist um Welten besser und viel entspannter zu fahren. Aber du solltest das bei Ausgiebiegen Probefahrten selber rausfinden und dir ein eigenes Bild machen. Alles was hier gesagt wird ist das empfinden derer die es Schreiben. Und das kann sehr Unterschiedlich sein. (Und auf keinen Fall falsch)


    Gruß


    Paul

  • #5


    Hier genau kommt der "Boxerfahrstil" ins Spiel. Im Kern gilt: "In der Ruhe liegt die Kraft." Man ist mit diesem Fahrstil wirklich flott unterwegs, auf dem Crossi besonders. Denn der Motor zieht gleichmäßig wie ein ICE und setzt die kleinste Drehbewegung am Gasgriff sofort in Schub um. Da kommt der Boxer niemals ran. Signalisiert die saubere Blickführung "alles klar" und erfolgt dann die sanfte Drehbewegung mit der rechten Hand...


    Dazu das von Paul beschriebene gutartige Verhalten und der Abstand zum Hintermann wird schlagartig größer.


    Als ich meine GS verkaufte, drehte ich mit dem Käufer eine Runde, er auf der GS, ich auf der CBF. Nach 3 Kilometern hielt er an, weil er dachte, die Karre ist kaputt, "die kippt ja beim Zwischengas immer nach rechts..."

  • #6

    Hallo,


    prima, das sind genau die Kommentare, die ich mir erhofft hatte - und das meine ich Ernst: Vieles in den Fachzeitschriften ist (einseitig ?) von wirklichen Experten geschrieben, deren Anspruch ich nicht habe. Aber wie Paul auch sagt: Es ist nie falsch, jeder hat ein anderen Erfahrungshintergrund und Erwartungshaltung.


    Darum Dank an Euch aus langjähriger Praxis, das hilft wirklich weiter, eine richtige Einschätzung der Kommentare für meine Zwecke vorzunehmen.

  • #7

    Hallo,


    ich komme nicht von der GS.
    Habe aber nach 1300 KM zum Harz, im Harz und wieder zurück die gleichen Erfahrungen wie Paul gemacht.


    Ich bin vom Fahrverhalten total beindruckt.
    Freue mich schon auf die nächste Kurvenhatz!!!!!!!!!!!!!!!!!!!


    Gruß
    :clap: :dance: :lol:

  • #8

    Betty und all die anderen mit ihren Fragen und Kommentaren von 2012 wird es nicht mehr interessieren, aber vielleicht die Neuen, die nach Gebrauchten in dem Alter suchen: unter dem etwas unpassenden Thema CT Allgemein Scheidung habe ich das Ergebnis einer Urlaubsreise mit 12er GS und 13er CT eingestellt.

    Jeden Morgen Motorsport trainiert das rechte Handgelenk!

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